Laufmechanik zur Geschwindigkeitssteigerung nutzen
Eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Marathonleistung ist ein gleichmässiges Tempo über die gesamte Strecke. Effektives Renntempo ist der Schlüssel, um dein Ziel zu erreichen – deshalb investieren viele Läufer viel Aufwand in das Training ihrer Geschwindigkeit. Für ein hohes Durchschnittstempo ist viel Energie erforderlich – doch wie du läufst, beeinflusst, wie effizient du diese einsetzt. Energie-Effizienz spielt eine zentrale Rolle für Geschwindigkeitserhalt und Leistungsfähigkeit.
Eine saubere Lauftechnik verbessert die muskuläre Koordination und Energieeffizienz – zwei Faktoren, die eng mit der Leistung verknüpft sind. Deine Lauftechnik spiegelt sich in der mechanischen Bewegung des Körpers wider; relevante biomechanische Indikatoren beim Laufen zählen zur sogenannten Running Mechanics. Am intuitivsten messbar sind dabei Kadenz und Schrittweite. Im Fokus dieses Artikels stehen diese beiden Schlüsselgrössen – ergänzt um Fallbeispiele von Weltklasse-Athleten.
Die “gerennte Distanz pro Minute” ergibt sich durch die Multiplikation aus Schrittweite (die Distanz pro Schritt) und Kadenz (Schritte pro Minute).
Schrittweite bezeichnet den Abstand zwischen zwei Bodenkontakten und reflektiert die beim Schritt aufgebrachte Kraft. Eine ideale Schrittweite optimiert die Energieeffizienz und minimiert Verletzungsrisiken. Sie variiert jedoch je nach Geschwindigkeit, Körpergrösse, Beinlänge und Fitnesslevel – eine universelle Zahl existiert nicht. Entscheidend ist, dass der Fuss möglichst nahe am Körperschwerpunkt aufsetzt.
Overstriding bedeutet, dass der Fuss zu weit vor dem Körperschwerpunkt landet – das bremst, erhöht die benötigte Vorlagekraft und steigert Verletzungsrisiko und Energi Verlust. Andersherum bezeichnet Understriding zu kurze Schritte, bei denen der Fuss hinter dem Körperschwerpunkt landet – das reduziert Bodenkontaktzeit und Antriebskraft, was ebenfalls ineffizient sein kann. Effizientes Laufen vermeidet beides: Die Schrittweite sollte anatomisch passend sein.
Kadenz gibt an, wie viele Schritte du pro Minute machst (typischerweise in spm angegeben). Wie bei der Schrittweite variiert auch die ideale Kadenz individuell – es gibt keinen einheitlichen Wert. Üblich sind Werte zwischen 165 und 190 spm. Grössere Läufer haben tendenziell niedrigere Kadenz, erfahrene Läufer erreichen auch über 190 spm. Unter 165 spm deutet häufig auf Overstriding hin. Eine angemessene Kadenz verbessert Rhythmus, Energieeffizienz und verringert Verletzungsrisiko.
Geschwindigkeit resultiert aus Schrittweite × Kadenz. Steigerungen in beiden Parametern können das Tempo verbessern. Aber was ist effizienter?
Zur Analyse dient ein Datensatz aus dem Finale über 10 000 m der Männer an den IAAF-Weltmeisterschaften 2007 in Osaka – fokussiert auf die drei Medaillengewinner.
Forschende nutzten Digitalkameras und 3D-Bewegungsanalyse, um Lauftechnik und Energieeffizienz zu bewerten. Sie erfassten Zeit pro 100 m und Schrittzahl zur Berechnung der Schrittweite.
Bis ca. 8800 m liefen Bekele, Sihine und Mathathi nahezu gleich schnell – in den letzten drei Runden erhöhte sich das Tempo deutlich. Die Entscheidung fiel auf den letzten 400 m.
Das Verhältnis von Schrittweite zur Körperhöhe betrug bei Bekele 1,23, bei den anderen beiden 1,13. Alle drei hielten im Wettkampf eine konsistente Lauftechnik bei.
In der letzten Runde erhöhte Bekele seine Kadenz auf 215 spm. Sihine und Mathathi verlängerten ihre Schrittweite auf über 2 m im Sprint. Die Studie zeigt: Obwohl Bekele im Durchschnitt höhere Leistung generierte, hatten alle drei ähnliche Energieeffizienz. Nach dem Rennen war keine übermässige Ermüdung feststellbar.
Das deutet darauf hin: Es gibt keine allgemein bessere Methode. Selbst unter Weltklasse-Läufern variieren Schrittweiten und Kadenz stark – und jede:r Athlet:in beschleunigt auf individuelle Weise. Die optimale Strategie ist diejenige, die bei dir den geringsten Sauerstoffverbrauch, maximale Effizienz und minimale Ermüdung bewirkt.
Tipp: Finde die persönliche Kombination aus Kadenz und Schrittweite, die für deinen Laufstil am ökonomischsten ist.