Leistung steigern und Muskelabbau verhindern
Stride and Cadence
Leistung steigern und Muskelabbau verhindern
2025-01-14

So nimmst du Energiegels richtig ein – für ein erfolgreiches Rennen




Einleitung

  Energiegels gehören mittlerweile zur Standardausrüstung vieler Marathonläufer:innen. Um die Leistung bis ins Ziel aufrechtzuerhalten, ist eine gezielte Energiezufuhr entscheidend. Deshalb stellen sich viele die Frage: Wie viele Gels soll ich mitnehmen, wie oft sollte ich sie einnehmen und wann ist der richtige Zeitpunkt? Wenn man jedoch einmal verstanden hat, wie der Energiestoffwechsel im Körper funktioniert und diesen mit der eigenen Rennstrategie abgleicht, lassen sich diese Fragen oft ganz einfach beantworten.

Marathonläufer:innen beim Start
Bildquelle: Boston Athletic Association


Welche Energiequellen nutzt der Körper während eines Marathons?

  Auch wenn Laufen als aerobe Aktivität gilt, läuft der Stoffwechsel nicht ausschliesslich über „aerobe“ (mit Sauerstoff arbeitende) Prozesse in den Mitochondrien. Glykolyse, Citratzyklus (TCA) und oxidative Phosphorylierung laufen gleichzeitig und kontinuierlich ab. Entscheidend ist daher, welche Substrate (z. B. Kohlenhydrate, Fette, Aminosäuren) verwendet werden und auf welchem Weg sie zur Energiegewinnung beitragen.
  Beim Marathon wird Glykogen über die Glykolyse abgebaut und ATP erzeugt. Dabei entsteht Pyruvat, das anschliessend mit Sauerstoff in den Mitochondrien weiterverarbeitet wird. Da die Glykogenspeicher im Körper jedoch begrenzt sind, können sie nicht unbegrenzt Energie liefern. Deshalb greift der Körper auch auf Aminosäuren und Fettsäuren zurück, um ATP herzustellen.


Grenzen des Glykogenspeichers und Energiestoffwechsels

  Ein durchschnittlicher erwachsener Mann speichert etwa 100 g Glykogen in der Leber und 400 g in der Muskulatur – insgesamt also etwa 500 g. Gut trainierte Athlet:innen mit angepasster Ernährung können 10–20 % mehr speichern. Diese Menge liefert rund 2'000–2'400 kcal Energie. Allerdings wird das Leberglykogen hauptsächlich zur Aufrechterhaltung der Gehirnfunktion verwendet und nicht alle Muskelreserven sind während eines Rennens verfügbar.
  Der menschliche Körper ist so konzipiert, dass er Glykogen in Notfällen zurückhält – im Wettkampf steht also nur ein Teil davon tatsächlich zur Verfügung.

Illustration zu Glykogen- und Energiestoffwechsel

  Für einen Marathonlauf über 42,195 km benötigt der Körper ca. 2'400–3'000 kcal. Die Glykogenspeicher allein reichen also nicht aus. Deshalb nutzt der Körper zusätzlich Blutglukose, Fettsäuren, Aminosäuren und andere Quellen zur Energiegewinnung.
  Wird jedoch im Bereich der zweiten Laktatschwelle (LT2) gelaufen, verlagert sich der Stoffwechsel zunehmend in anaerobe Bereiche – und Fettsäuren lassen sich aufgrund ihres hohen Sauerstoffbedarfs weniger effizient nutzen. In diesem Fall bleibt dem Körper unter anderem die Möglichkeit, Muskelgewebe abzubauen, um Aminosäuren zur Energiegewinnung zu verwenden.


Kohlenhydratzufuhr und Leistungssteigerung

  Um diesem Muskelabbau entgegenzuwirken und gleichzeitig die Energieversorgung zu sichern, eignen sich Energiegels hervorragend. Sie liefern konzentrierte Kohlenhydrate, die schnell aufgenommen werden können und den Magen kaum belasten.
  Durch sie lässt sich die Leistung länger aufrechterhalten, Ermüdung hinauszögern und das Rennergebnis direkt beeinflussen. So nahm Eliud Kipchoge beim Weltrekordlauf 2018 in Berlin rund 100 g Kohlenhydrate pro Stunde zu sich – insgesamt ca. 200 g – über Sportgetränke und Energiegels.
  Aber auch für Hobbysportler:innen lohnt sich der Einsatz: In einer Studie beim Kopenhagen-Marathon 2013 liefen Amateurteilnehmende, die drei Gels pro Stunde einnahmen, im Schnitt 4,7 % schneller als jene ohne Zufuhr.
  Moderne Gels enthalten neben Kohlenhydraten oft auch Vitamine, Elektrolyte, Aminosäuren und Koffein zur Leistungsoptimierung.

Marathonläufer Kipchoge mit Energiegel
Bildquelle: Maurten


Wie viele Energiegels solltest du einnehmen?

  Die optimale Menge hängt von Dauer und Intensität der Belastung ab. Sporternährungs-Experte Asker Jeukendrup empfiehlt bei Belastungen über 3 Stunden eine Zufuhr von 90 g Kohlenhydraten pro Stunde. Da die meisten Gels 25–30 g enthalten, entspricht das ca. drei Gels pro Stunde.

Energiegels verschiedener Marken
Bildquelle: runandbecome.com

  Diese Empfehlung gilt vor allem für längere Wettkämpfe im Bereich der zweiten Laktatschwelle. Bei kürzeren oder niedrigintensiven Läufen (bei denen der Körper vermehrt Fett nutzen kann) ist eine zusätzliche Kohlenhydratzufuhr eventuell nicht nötig. Entscheidend ist deine individuelle Renndauer und dein Zieltempo.


Also… solltest du Energiegels verwenden?

  Fazit: Wenn du einen Marathon nicht nur beenden, sondern wirklich schnell laufen willst, sind Energiegels äusserst sinnvoll.
  Je näher du an deiner Laktatschwelle läufst, desto schneller verbraucht der Körper seine Glykogenspeicher – und beginnt, Muskelprotein zur Energiegewinnung zu nutzen.
  Energiegels helfen also nicht nur, die Leistung zu halten, sondern verhindern auch Muskelabbau. Statt nach dem Rennen zu viel zu essen, solltest du bereits während des Rennens genügend Energie zuführen – das verbessert deine Zeit und schützt deine Muskulatur.


Quellen

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